[Artikel] von Victoria Fuchs
Während seines Zivildienstes in einer Einrichtung für beeinträchtigte Menschen entwickelte Wolfgang Schmölzer eine tiefe Demut gegenüber dem Leben. Diese Erfahrung führte dazu, dass er beruflich seinen Weg in diesem Bereich einschlug und parallel das Studium der Sozialen Arbeit absolvierte. Seit 2014 ist er Teil der Jugendnotschlafstelle (JUNO) in Klagenfurt. In dieser Zeit hat sich viel verändert. Eine verstärkte Unterstützung vonseiten der Stadt Klagenfurt und des Landes sowie großzügige Spenden, geben der JUNO die Sicherheit, ihre wichtige Arbeit auch zukünftig fortführen zu können. Und das ist Wolfgang Schmölzer wichtig.
Das ist einer der wichtigsten Aspekte, weshalb Wolfgang Schmölzer die Arbeit in der JUNO so viel bedeutet. Die Arbeitsweise der Sozialarbeiter vor Ort unterscheidet sich durch den Umgang mit den jungen Menschen von anderen Einrichtungen. Statt Verboten werden lediglich einige grobe Strukturen vorgegeben. Die Jugendlichen nicht aufzugeben und einen Zugang zu ihnen zu finden, steht dabei stets im Fokus. Die Heranwachsenden dürfen einfach sie selbst sein, ohne Vorverurteilung aufgrund ihrer Vergangenheit.
Flexibilität zählt zu den zentralen Anforderungen an den Sozialarbeiter, da kein Arbeitstag dem anderen gleicht, so wie auch jeder Jugendliche einzigartig ist. Genau das schätzt Wolfgang Schmölzer an seinem Job. Da das Land lediglich ein grobes Arbeitskonzept vorgibt, kann er mit seinem Team die Arbeits- und Alltagspraxis frei gestalten. Mit neuen Ideen und Ansätzen besteht so die Chance, individuell auf die jungen Menschen einzugehen. Obwohl der Konsum von Betäubungsmitteln in der JUNO untersagt ist, sehen sich die Sozialarbeiter regelmäßig damit konfrontiert. Statt mit Konsequenzen zu reagieren, versuchen Schmölzer und sein Team die Ursachen für den Drogenkonsum herauszufinden. Denn oft dient dieser den Jugendlichen als eine Art Bewältigungsstrategie für durchlebte Traumata.
Durch Workshops, gemeinsame Spiele und Kochaktivitäten versucht das Team Vertrauen herzustellen. "Der Aufbau einer stabilen Arbeitsbeziehung ist aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit besonders herausfordernd", so Schmölzer.
Derzeit engagieren sich in der Organisation auch zwei ehrenamtliche Mitarbeiter. Generell gestaltet sich die Freiwilligenarbeit in der JUNO durch fehlende Strukturen als schwierig. Oftmals haben Freiwillige falsche Erwartungen, mangelnde Erfahrung oder sind schlichtweg mit der Situation vor Ort überfordert.
Die JUNO fungiert häufig als letzter Zufluchtsort für Heranwachsende, deren Betreuungsverhältnis mit anderen Einrichtungen aufgrund von diversen Problemen beendet wurde. Die entspannte und offene Grundhaltung des JUNO-Teams reduziert das Konfliktpotential, wodurch Streitigkeiten und körperliche Auseinandersetzungen nur selten vorkommen. Falls eine Situation dennoch mal eskaliert, dürfen die Jugendlichen ihre Emotionen ausleben, solange sie diese nicht gegen eine andere Person richten. Wolfgang Schmölzer macht gute Erfahrungen damit, bei einer negativen Stimmung nicht direkt nachzuhaken, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Besteht eine gute Arbeitsbeziehung, können gemeinsam mit den Jugendlichen individuelle Konfliktlösepläne erarbeitet werden.
Und wie gestaltet sich die Zukunft nach den 3-6 Monaten in der JUNO? Wolfgang Schmölzer betont, dass oft viel Potential bei den Jugendlichen vorhanden ist und lediglich der letzte Anstoß fehlt, um sie wieder auf einen stabilen Lebensweg zu bringen. Um dieses Ziel umzusetzen, werden bereits im Vorfeld sämtliche weitere Möglichkeiten und passende Angebote gemeinsam besprochen und abgeklärt. Da ehemalige Bewohner der Einrichtung während den Öffnungszeiten jederzeit zu Besuch kommen dürfen, ist es für Wolfgang Schmölzer besonders schön, die Entwicklung der Jugendlichen zu beobachten.
Von einer einprägsamen Lebensgeschichte erzählte Wolfgang Schmölzer mir im Laufe unseres Interviews. Ein junger Mann aus Ungarn nutzte vor einigen Jahren die JUNO als letzte Anlaufstelle. Seinen ungarischen Bachelorabschluss entdeckten die Sozialarbeiter nur durch einen Zufall. Durch Spenden wurde ihm dann eine Wohnung finanziert, er erhielt einen Job bei einem namhaften deutschen Unternehmen und stieg dort so weit auf, dass er in den USA für Einschulungen zuständig war. Alle paar Jahre kommt der Herr auf Besuch und vermittelt den Jugendlichen einen Einblick, was sie alles erreichen können. Genau das sind die Momente, für die Wolfgang Schmölzer als Sozialarbeiter lebt.
Wolfgang Schmölzer wünscht sich für die Zukunft mehr Aufklärung in der Gesellschaft und ein verändertes Bild der Sozialen Arbeit. Denn durch ihre Arbeit mit den Jugendlichen bietet die JUNO einen wichtigen Mehrwert für die Gesellschaft. Wer sich selbst ein Bild der Arbeit vor Ort machen will, ist in der JUNO herzlich willkommen.